1. | Bau und Funktion des Kaninchendarms Besonderheiten der Verdauung |
a) | Magen - muskelloser Magen als Nahrungsreservoir - umfasst ca. 35 % des Gesamtvolumens der Verdauungsorgane - eiweißverdauernde Funktion nur am Magenausgang durch Absonderung von Salzsäure und Pepsin (= Verdauungsenzym) - Weitertransport der Nahrung in den Dünndarm durch Druck des neuaufgenommenen Futters |
b) | Dünndarm - längster Darmanschnitt mit ca. 3-5m je nach Rasse und Alter - Verdauung aller Nährstoffe (Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß) und Übertritt der Nährstoffbestandteile ins Blut -> keine Verdauung der zellulosehaltigen Rohfaser |
c) | Dickdarm - Entzug von Wasser mit drin gelösten Salzen und Vitaminen - Eindickung des Nahrungsbrei und Formung der Hartkotpillen |
d) | Blinddarm - bis zu 80 cm langer Anhang am Übergang vom Dünn- zum Dickdarm, ca. 40 % des Gesamtvolumens der Verdauungsorgane - Aufnahme von flüssigem, mit feinem Nahrungspartikeln durchsetzter Nahrungsmittelbrei -> Nährboden für die zellulosespaltenden Bakterien - Besonderheit: Ausscheidung des Blinddarminhaltes als vitaminreicher Weichkot; wird unmittelbar am After mit dem Mund abgesaugt und geschluckt und im Dünndarm nochmals verdaut (=Caecotophie) -> Erhöhung der Weichkotmenge mit steigendem Rohfasergehalt der Nahrung (bis u 30 % des Gesamtkotes) -> Ausscheidung des Blinddarmkotes unterliegt einem Biorhythmus, der wiederum von gleichbleibenden Fütterungszeiten abhängig ist. - Ursache für Fehlgärungen im Blinddarm: Verschiebung der Darmflora (aus Lacotbacillen und Kokken) v. a. von Coli-Bakterien und Clostriden
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2. | Abgrenzung von Durchfallerkrankungen zur Enterocolitis a) nicht infektiös: Trommelsucht (=Tympanie) als Folge eines Fütterungswechsels (z. B. Grünfütterung) b) infektiös: - Kokzidiose als typische Jungtiererkrankung wichtig: "Teilträger" der Kokzidien zur Erhöhung der Immunität - mikroskopischer Nachweis der Erreger im Kot - Coli-Infektion Vermehrung von Coli-Bakterien im Blinddarm, deren Toxine (= Stoffwechselgifte) zum Tod durch Atemlähmung führen.
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3. | Krankheitsauslösende Einflüsse bei der Enterocolitis - Häufung der Seuche im Winter und Frühjahr während der Zuchtperiode - Stressfaktoren als Auslöser: - Absetzphase der Jungtiere - Trächtigkeit und Säugezeit bei Alttieren - Ausstellungen - Fütterungswechsel - rohfaserarme Fütterung
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4. | Krankheitsbild und Krankheitsverlauf - betroffen sind Tiere jeglichen Alters, insbesondere aber Jungtiere - Dauer der Erkrankung: 2 - 5 Tage - Symptome: - keine Futteraufnahme; teilweise apathisch regungslos im Stall an der selbe Stelle sitzend - anfängliche dünnbreiige Darmentleerung mit schleimiger Beimischung eines gallertartigen Sekrets mit fauligem Geruch, jedoch kein übelriechender Durchfall - danach kein Kotabsatz; mitunter Aufblähung des Bauchraumes - sicheres Symptom: tastbarer fester Strang im vorderen Beckenbereich infolge einer Anschoppung des Darminhaltes im Dickdarm - Ergebnis: Lähmung des Dickdarms mit Darmverschluss und infolgedessen Aufblähung des Bauchraumes
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5. | Diagnostik im Erkrankungsfall (meist schwierig) - Nachweis von Coli-Keimen und Kokziedien bei verendeten Tieren - bei der Sektion: entzündlich gelblich-rötliche gallertige Verdickung der Dickdarmwand mit festem eingetrocknetem Darminhalt - Feststellung von Clostridien = Bakterien, die erst unter Luftabschluss sich im Darm vermehren (= anaerobe Bakterien) Bildung von wiederstandfähigem Sporen bei Luftzutritt; die auch Temeraturen von 100°C überstehen und jahrelang infektiös bleiben
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6. | mögliche Krankheitsentstehung - Aufnahme der Sporen mit dem Futter -> Auskeimen im Darm (auch bei gesunden Tieren nachgewiesen) - bei Stress: verstärkte Vermehrung der Clostridienkeime -> Abgabe eines Bakterientoxins, das den Nervenstoffwechsel und damit die nervöse Versorgung des Dickdarms blockiert Darmlähmung
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7. | Heilungsaussichten - bei Erkrankung: Behandlung sinnlos - erkrankte Tiere vom übrigen Bestand isolieren und töten - sobald wie möglich Einzeltierhaltung nach gründlicher Desinfektion der Stallbuchsen mit durch Hitze (über 100°C) oder Desinfektionsmitteln mit sporenabtötender Wirkung
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8. | Vorbeugung (= Prophylaxe) bei auftretenden Verdachtsfällen nach Dr. Hippe / Dudenstadt - 1 ml Chloramohenicol* (20%) auf 1 l Trinkwasser über mehrere Wochen - 50 mg Metronidazol* (in Tablettenform) pro kg Körpergewicht bei krankheitsverdächtigen Tieren über einige Tage - zum Aufbau der geschädigten Darmflora: Eingabe von sog. Probiotika (z. B. Lactobacillen) *laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen nicht zugelassen für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen |